Amtsblatt - Aktuell
Aktuelle Ausgabe
Markt Kleinwallstadt
24.11.2025
Einmal im Jahr gedenken wir am Volkstrauertag der Opfer von Krieg, Gewalt und Verfolgung. Dabei zeugen u.a. Jahrtage von diesen Schreckenszeiten wie heuer, wo sich am 8. Mai das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa zum 80. Mal gejährt hat.

Aber auch die erschütternden Zahlen der Gefallenen und Toten führen uns immer wieder die ganzen Gräuel der Weltkriege vor Augen. Mich persönlich haben folgende Zahlen tief bewegt:
Der Zweite Weltkrieg dauerte sechs Jahre und zwei Tage, insgesamt 2.194 Tage oder 52.656 Stunden.
In jeder Stunde verloren durchschnittlich 1.234, in jeder Minute 21 Menschen gewaltsam ihr Leben.
Während uns die schrecklichen Kriegshandlungen in der Ukraine und im Nahen Osten tagtäglich über die Medien vor Augen geführt werden, verblassen allerdings Jahr für Jahr die Erinnerungen an die Katastrophenjahre der beiden Weltkriege mehr und mehr.
Mit ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Zeitzeugen immer weniger werden, die diese Kriegsschrecken am eigenen Leib miterleben mussten. Es gibt zwar Aufklärung in den Schulen, Gedenktage und vieles mehr, aber so richtig greifbar ist diese schreckliche Epoche unserer Geschichte nicht.
Deshalb dürfen wir gerade in einer Zeit, in der das rechte Gedankengut wieder unübersehbar aufkeimt, nicht müde werden, an die unmenschlichen Gewalttaten dieser Zeit zu erinnern.
Im Rahmen unserer regelmäßigen Fahrten in unsere französische Partnerstadt St. Pierre sur Dives haben wir bereits des Öfteren Stätten der damaligen Invasion und damit Stätten des Grauens an den Stränden der Normandie besucht.
Vor einigen Jahren haben uns am Goldstrand die Reste der damaligen Pontons - sozusagen als Mahnmale der Invasion - an das schreckliche Abschlachten von Menschen und an das damit verbundene unbeschreibliche Blutbad erinnert.
In diesem Jahr besuchten wir den sogenannten Juno-Beach, wo am 77. Jahrestag des D-Day am 6. Juni 2021 das sogenannte „British Normandy Memorial“ enthüllt wurde – ein Kriegerdenkmal, das den Soldaten gewidmet ist, die während der Landung in der Normandie alleine unter britischem Kommando starben.
Hier findet man neben einer großen Gedenkhalle mit den Namen der fast 22.500 Opfer auch schwarze, menschengroße Silhouetten, die die Soldaten der Invasion darstellen. Schon alleine die Anzahl dieser Figuren, die massenweise über den Strand verteilt sind, vermittelt ein unbeschreibliches Schaudern.
Wenn man aber die kurzen Texte an diesen Mahnmalen liest, erahnt man die unzähligen menschlichen Tragödien.
Hiervon war auch die Zivilbevölkerung der Normandie und insbesondere auch die Einwohner von St. Pierre sur Dives stark betroffen. Umso erstaunlicher und bedeutsamer ist es, dass es in den Nachkriegsjahren gelungen ist, aus der ehemals erbitterten Feindschaft eine dauerhafte Freundschaft entstehen zu lassen. Wir können uns glücklich schätzen, mit unserer deutsch-französischen Städtepartnerschaft einen Teil dazu beitragen zu können. Deshalb freuen wir uns schon auf den Mai nächsten Jahres, wenn unsere französischen Freunde in Kleinwallstadt zu Gast sind und wir diese herzliche Verbindung weiter vertiefen können.
Das entscheidende Faustpfand für diese Entwicklung und den dauerhaften Frieden in unserem Land ist unsere freiheitliche Demokratie, die dies seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ermöglichte.
Leider ist in den letzten Jahren eine große Unzufriedenheit und ein Negativdenken in unserer Gesellschaft entstanden, die für mich unerklärlich ist. Dies beginnt schon bei unserer Presse, für die oft nur negative Schlagzeilen gute Schlagzeilen sind und positive Nachrichten gar nicht oder nur als Randnotiz erscheinen.
Diese Negativtendenz setzt sich fort in den Medien und nicht zuletzt in den sozialen Netzwerken, wo es sowieso keine Hemmungen mehr gibt, alles schlechtzureden und das oft anonym und in übelster Weise.
Dabei müssen wir uns die Frage stellen:
Geht es uns wirklich so schlecht oder ist das „Lamento auf hohem Niveau“?
Es ist sicherlich bei uns in Deutschland nicht alles Gold, was glänzt, aber im Grunde genommen, lebt es sich sehr gut in unserem Land.
Ich erhalte von unserem Kleinwallstädter Priester Mathias Brand regelmäßige Nachrichten, wie katastrophal die Lebensumstände in seinen seelsorgerischen Wirkungskreisen in Peru und Kuba sind. Gleiches gilt für viele Teile unserer Welt, von den Kriegsgebieten ganz zu schweigen.
Wenn man sich diese Zeilen vor Augen führt, kann man sich sehr glücklich und zufrieden schätzen, in unserem Land mit weit verbreitetem Wohlstand zu leben.
Deshalb müssen wir ein Umdenken in unserer Gesellschaft einleiten, um uns der Qualität unseres Lebensraums wieder bewusster zu werden.
Lasst uns deshalb alle, die wir hier heute versammelt sind, mitten im dunkelsten Monat des Jahres symbolisch ein Licht entzünden.
Ein Licht der Hoffnung, ein Licht der Zuversicht, ein Licht des Stolzes und ein Licht voller Optimismus. Viele unserer Nachbarländer machen uns das vor, wo man unter schlechteren Bedingungen lebt und trotzdem stolz ist auf sein Land und seine Demokratie ist.
Ich behaupte nicht, dass Demokratie immer einfach ist – Nein. Demokratie kann auch oft recht kompliziert sein und sie fällt einem nicht so einfach in den Schoß.
Doch es ist aller Mühen wert, darum zu kämpfen, denn es ist unser höchstes Gut, über das sich viele Nationen unserer Erde glücklich schätzen würden, um beispielsweise ihre Regierung in freien Wahlen bestimmen zu dürfen.
Bewahren wir uns diese Staatsform, für die es sich lohnt zu kämpfen, dann werden wir zumindest innenpolitisch das Glück des Friedens auch in den nächsten Jahrzehnten weiter erhalten.
Werden wir uns dessen bewusst, dann werden wir schnell feststellen, dass wir für die Demokratie keine Alternative brauchen.
Stehen wir alle dafür ein – das sind wir schon den vielen Kriegsopfern, derer wir heute gedenken, schuldig.


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